Gerichtsprotokolle und -urteile
- Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 10.07.2009
- Urteil des Landgerichts Freiburg vom 20.11.1996 (Auszug) - Originalfassung und Anlagen
- Vernehmungsprotokoll des Landgerichts Freiburg vom 26.6.1996 (Auszug)
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Auszug aus dem Urteil des Landgerichts Freiburg vom 20.11.1996 (8 0 299/95)
(Abschrift der Seiten 15-18; Seitennummerierung und Absatztrennung wie im Original)
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... in den die Äußerung gestellt ist. Die Beantwortung der Frage, ob Heidi Prauser durch den Kläger oder der Kläger durch Heidi Prauser oder die Familie Prauser einen Priester kennen gelernt hat, ist unter dem Gesichtspunkt des Ehrenschutzes neutral. Erst die durch nähere Umschreibung damit verbundene Information, der Kläger habe zu einem zweifelhaften religiösen Umfeld Zugang, macht die Äußerung ehrenrührig.
Gerade diesen Gehalt der Aussage der Beklagten hat der Kläger nicht widerlegen können.
Die Beklagten haben zwar nicht beweisen können, daß es sich bei der „priesterlichen Person“ um den religiösen Führer Heidi Prausers handelt, den diese täglich anruft, um sich Anweisungen zu holen; die Beweisaufnahme hat jedoch Anhaltspunkte ergeben, die es als möglich erscheinen lassen, daß der Kläger sich im Hause der Familie Prauser und deren Umfeld in einem Kreis bewegt, in dem religiöse Führerschaft und religiöse Hörigkeit Raum haben.
Unstreitig waren der Kläger und Heidi Prauser zumindest zeitweilig interessiert an einer durch besondere Marienfrömmigkeit gekennzeichneten religiösen Bewegung, die sich um eine als „Little pebble“ bezeichnete Person, die sich für den künftigen Papst hält (AS. 127), in Erscheinung getreten war. Der Kläger war 1990 mit Heidi Prauser und einer weiteren Person zu einer öffentlichen Großveranstaltung von „Little pebble“ nach München gefahren. Der Kläger befand sich zumindest 1991 auch auf dem Verteiler der Eheleute Krinner in München, die regelmäßig schriftliche Botschaften von „Little pebble“ verbreiten (AS. 119 ff., 127). Unstreitig lebt im Hause der Familie Prauser seit Anfang 1994 der als „priesterliche Person“ bezeichnete Zeuge Xaver Weikmann, der zuvor im Jahre 1993 zeitweilig bei einer Frau Ruf in Löffingen gewohnt hatte. Diese Frau Ruf steht in Kontakt mit der Familie Prauser und hat unter dem Namen „Seerose“ Texte verfaßt, die in Reaktion auf das Verhalten der Beklagten sich zum einen mit dem Beklagten Ziff. 1 als dem „wütende(n) und wild um sich
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geifernde(n) Antichrist im lebendigen Marco Feraudi“ befassen (AS. 129) und zum anderen einen „Wort-Exorzismus (M.F.)“ verkünden (AS. 131 ff. ). Diese wirren „religiösen“ Schriftstücke wurden wiederum unstreitig vom Zeugen Weikmann den Zeuginnen Heidi Prauser und Catharina Feraudi zugänglich gemacht.
Unstreitig ist auch, daß der Kläger im Februar 1995 im Schwarzwald zu einem Vortrag bei den Katholischen Pfadfindern Europas eingeladen war und zu dieser Veranstaltung mit der genannten Frau Ruf, genannt „Seerose“, der Zeugin Catharina Feraudi und mehreren im Hause der Familie Prauser wohnenden Personen erschien (Lichtbild AS. 107).
Ferner hat der Zeuge Hageböck bekundet, daß seine damalige Verlobte, jetzige Frau, und er mit Heidi Prauser befreundet gewesen seien und er sie seit 1992 kenne. Er habe im Laufe der Zeit bei ihr eine starke Veränderung ihrer Ansichten festgestellt. Er habe zweimal - zuletzt im Spätjahr 1994 - Gespräche geführt, an denen nur Heidi Prauser und Ewald Müller teilgenommen hätten. Heidi Prauser habe gegenüber dem Kläger in fast anbetender Haltung dagesessen und nur zugehört, was dieser gesagt habe und dem zugestimmt. Heidi Prauser sei ihm gegenüber immer weniger bereit gewesen, sich auf Argumente einzulassen, sondern habe sich auf Ewald Müller oder ihren Seelenführer berufen. Im Gespräch habe sie sich immer öfter darauf zurückgezogen, daß sie darüber erst mit ihrem Seelenführer oder Ewald Müller sprechen müsse. Ähnlich habe sich auch Catharina Feraudi verhalten. Er habe den Eindruck eines Abhängigkeitsverhältnisses von Heidi Prauser zu Ewald Müller gehabt. Der Seelenführer . sei die „priesterliche Person“ im Hause der Familie Prauser gewesen. Heidi Prauser habe diesen öfter als absolute Autorität bezeichnet. Was der Seelenführer und Ewald Müller gesagt hatten, sei von Heidi Prauser absolut gesetzt worden.
Die Zeugin Catharina Feraudi hat demgegenüber bekundet, daß sie den Kläger nach ihrem Umzug nach Furtwangen dort
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bei dessen Besuchen persönlich kennengelernt habe. Er sei mit der Familie Prauser gut befreundet gewesen. Es habe keine besondere Beziehung zwischen Heidi Prauser und dem Kläger gegeben. Die „priesterliche Person“ wohne im Hause ganz für sich. Es sei ein Nachbar, den man ab und zu treffe. Heidi Prauser habe keine anderen Kontakte zu der „priesterlichen Person“ gehabt als ihre Familie. Es habe keine religiösen Treffen im Hause gegeben.
Der Zeuge Xaver Weikmann, der sich als ein im Ruhestand befindlicher Priester bezeichnete, bekundete, daß er wegen seines schweren Asthmas lediglich auf Zeit im Schwarzwald lebe. Er habe jemanden in Löffingen gekannt, bei dem er 1993 probeweise für einige Zeit gewohnt habe. Anläßlich eines Besuchs bei der Familie Prauser habe er festgestellt, daß die Luft dort noch besser sei, weshalb er Anfang 1994 auf Einladung der Familie Prauser nach Furtwangen gekommen sei. Den Kläger habe er erstmals bei Familie Prauser kennengelernt. Weder zu seiner Bekanten in Löffingen, noch zur Familie Prauser gebe es Verbindungen über religiöse Inhalte. Es gebe auch keine religiösen Aktivitäten.
Auf Vorhalt der Schriftstücke der „Seerose“ räumte der Zeuge ein, daß diese von seiner Bekannten, der Frau Ruf in Löffingen, verfaßt worden seien und er selbst handschriftlich „Heidi und Catharina“ darauf vermerkt habe. Die beiden hätten die Texte haben wollen, weshalb er sie ihnen gegeben habe. Eigentlich hätten die Texte in den Reißwolf gehört.
Er sei nicht in einem bestimmten Sinne geistig-seelischer Führer von Heidi Prauser und Catharina Feraudi gewesen, aber er habe sie nicht weggeschickt, wenn sie an ihn eine Frage gerichtet hätten. Mit Herrn Müller habe er sich ebenfalls gut verstanden, aber besondere religiöse Aktivitäten habe es nicht gegeben.
Die Zeugin Heidi Prauser bekundete, daß weder der Kläger sie mit einem Priester in Verbindung gebracht habe, noch
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umgekehrt. Sie wisse nicht, wie der Pfarrer Weikmann in ihr Haus gekommen sei. Er bewohne eine eigene Wohnung und man begegne sich mal im Treppenhaus. Es gebe keine religiösen Aktivitäten.
Auf Nachfrage räumte die Zeugin ein, daß sie mit Pater Weikmann schon auch religiöse Fragen bespreche und er ihr auf manche Frage einen guten Rat gegeben habe.
Bei der Vernehmung der Zeugen Feraudi, Weikmann und Prauser war nicht zu übersehen, daß alle drei Zeugen bemüht waren, ihre Kontakte innerhalb des Hauses der Familie Prauser und zum Kläger so unauffällig und banal wie möglich darzustellen. Es war auch nicht zu verkennen, daß alle drei Zeugen ihre Aussagen mit äußerster Zurückhaltung machten in dem erkennbaren Bemühen, so wenig wie möglich über ihre internen Beziehungen preiszugeben. Gerade diese mangelnde Offenheit der Zeugen ist aber gut vereinbar mit dem Eindruck des Zeugen Hageböck, daß sich im Verhältnis von Heidi Prauser zu Xaver Weikmann und dem Kläger religiös-motivierte Abhängigkeitsverhältnisse entwickelt haben, die mit einer starken Verschlossenheit gegenüber Außenstehenden einhergehen.
Die Kammer hat durch die Beweisaufnahme letztlich nicht klären können, wie die Beziehungen der Bewohner des Hausee der Familie Prauser und ihres Bekanntenkreises konkret zu kennzeichnen sind. Andererseits hat die Beweisaufnahme in ausreichendem Maße Anknüpfungspunkte ergeben, die es als möglich erscheinen lassen, daß es im Verhältnis der Zeugin Heidi Prauser zu dem Zeugen Xaver Weikmann sowie dem Kläger religiöse Führerschaft und Abhängigkeit gibt.
b) Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Unterlassung oder Widerruf der Behauptung, der Kläger trage Mitverantwortung innerhalb der Sekte „Little pebble“, denn die Beklagten haben diese Behauptung weder wörtlich noch sinngemäß gegenüber Dritten aufgestellt. Die Beklagten haben den Kläger ...
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Herr Michael
    Hageböck war zu der Zeit der untenstehend von ihm bezeugten Ereignisse Führer
    der „Katholischen Pfadfinderschaft Europas“ in Freiburg/Br. Er bezieht
    sich schon am Anfang seiner Aussage auf einen Brief, ohne dessen Datum zu
    nennen. Es handelt sich dabei um seinen  Brief vom 29.09.1995 an Marco
    Feraudi und zur Kenntnisnahme an Pater Andreas Hönisch (SJM) und Pater
    Bernward Deneke (FSSPetri, Petrusbruderschaft), seinen Freund und Berater.
    Dieser Brief schließt sich hier seiner Aussage an.
Auszug aus dem Vernehmungsprotokoll des Landgerichts Freiburg vom 26.6.1996 (8 0 299/95)
(Abschrift der Seiten 13-17)
Nach Wiedereintritt in die Sitzung wurde der Zeuge
  Hageböck aufgerufen und über seine Zeugenpflichten und über die Folgen,
  deren Verletzung belehrt.
Er erklärte
zur Person:
  Michael Hageböck, geb. am 18.3.1969, Realschullehrer
  in Ausbildung, wohnh. Landstr. 42, 79809 Bannholz,
  m.d.P.n.v.u.n.v.
Nach nochmaliger Bekanntgabe des Beweisthemas erklärt
  der Zeuge
zur Sache:
  Ich habe mal einen  Brief an Herrn Dr. Feraudi
  geschrieben. Der Brief kam deshalb zustande, weil er Unterlagen brauchte in
  bezug auf das Ordinariat. In dem Brief ist meine Aussage eigentlich enthalten.
Meine Frau und ich, d.h. meine jetzige Frau und
  damalige Verlobte, waren mit Heidi Prauser befreundet. Über Heidi Prauser
  haben wir auch Ewald Müller kennengelernt. Zwischen beiden bestand ein sehr
  enges Verhältnis, in gewisser Weise sogar ein abhängiges Verhältnis.
Ich habe gestern noch von meiner Frau erfahren, was ich
  aus eigener Kenntnis nicht weiß, daß Herr Müller mit Heidi Prauser und
  einer dritten Person, entweder einem Schüler oder einem Geschwister eines Schülers,
  in den Jahren 1990 oder 1991 zu einem Treffen der „Little Pebble“ in
  Bayern gefahren sind.
Wenn ich auf das Verhältnis zwischen Heidi und Ewald
  zurückkomme, so kann ich sagen, daß es am Schluß nicht mehr möglich war,
  sich mit Heidi zu unterhalten. Sie hat immer darauf verwiesen, sie müsse mit
  ihrem Seelenführer oder mit Herrn Müller sprechen, wenn es um irgendein
  Thema ging, sie wisse nicht, was sie dazu sagen solle und könne keine Antwort
  geben.
In gewisser Weise war dies auch so mit Catharina, die
  ich allerdings nicht so gut kenne.
Letztes Frühjahr haben wir Heidi und Catharina
  nochmals getroffen und dabei festgestellt, daß Catharina nicht mehr willens
  war, über manche Dinge zu sprechen. Sie hat auch einen sehr verschüchterten
  Eindruck gemacht.
Wenn ich konkret zum Thema der Befragung nochmals mich
  äußern soll, so kann ich sagen, daß mir das Verfahren sehr unangenehm ist.
  Ich bemühe mich zu erinnern. Die Sache war aber eigentlich für mich mit dem
  Brief abgeschlossen.
Ich denke schon, daß ich so etwas geäußert haben
  kann, ob aber Heidi den Ewald zu dem Seelenführer gebracht hat oder
  umgekehrt, kann ich nicht mehr sagen.
Ich weiß nur, daß mich das Verhältnis der beiden
  bedrückt hat. Man könnte sagen, es war ein Abhängigkeitsverhältnis.
Nachdem ich eben das Diktat gehört habe, will ich präzisieren,
  daß Heidi und Catharina schon gesagt haben, was sie denken. Allein auf nähere
  Nachfrage konnten sie sich nicht äußern und konnten insbesondere auch
  logischen Argumenten, die nichts mit Glaubensinhalten zu tun hatten, nicht
  mehr antworten. Sie haben sich dann darauf zurückgezogen, daß sie zunächst
  mit ihrem Seelenführer sprechen wollen, oder mit Herrn Ewald Müller.
Auf die Frage nach einer näheren Erklärung des eben
  so bezeichneten abhängigen Verhältnisses:
In dem Gespräch sind mir in der Argumentation logische
  Fehler aufgefallen, d.h. ein Nichtgebrauch der Vernunft. Es ging damals um das
  Thema der apostolischen Sukzession, d.h. der Spendung der Sakramente. Ich habe
  damals ausgeführt, daß logischerweise nach der Argumentation der beiden die
  Kirche nicht mehr existiere. Es ging darum, daß von ihren, d.h. Heidis und
  Catharinas Prämissen ausgehend, logischerweise die Existenz der Kirche zu
  verneinen sei. Es war dies schon ein religiöses Thema. Es ging aber darum, daß
  das Weiterdenken der selbstgesetzten Axiome zu einem bestimmten Ergebnis führen
  mußte und dabei von den beiden in sich widersprüchlich argumentiert worden
  ist. Sie waren einfach nicht willens, diese Sache weiterzudenken. Ich habe das
  auch näher im Brief ausgeführt.
Das Verhältnis der Abhängigkeit habe ich konkret
  darin gesehen, daß die Bereitschaft weiterzusprechen nicht mehr vorhanden
  war, und zwar mit dem Hinweis auf die Autorität des Seelenführers.
Es wurde absolut angenommen, was der Seelenführer
  sagt bzw. was Ewald Müller sagt. Man war nicht mehr bereit, selbst darüber
  nachzudenken.
Dies traf im verstärkten Maße auch auf Catharina zu.
Es wurde hart und intolerant argumentiert. In der
  Verurteilung von bestimmten Instanzen berief man sich auf den Seelenführer
  und auf Ewald Müller.
Gerade fällt mir noch ein, was ich auch aus einer Erzählung
  meiner Frau weiß:
Sie hatte einmal auf einer Fahrt zusammen mit Heidi
  Prauser auf der Autobahn einen Autounfall. Dieser war geringfügig und es war
  die Frage, wie und ob die Reise fortgesetzt werden sollte. Heidi Prauser hat
  damals ihren Seelenführer angerufen, und dieser hat geäußert, dieser Unfall
  sei ein Zeichen des Himmels und man solle die Reise nicht fortsetzen. Die
  Fahrt ist dann auch nicht durchgeführt worden. Meine Frau hatte mich s.Z. von
  der Unfallstelle aus ebenfalls telefonisch entsprechend benachrichtigt.
Auf Fragen des Klägervertreters:
Der Begriff „Seelenführer“ ist zum einen von Heidi
  Prauser benutzt worden. Zum anderen ist dies auch ein Begriff, der in der
  Kirche gängig ist. Er bezeichnet Leute, die einen geistlich begleiten. Diese
  Begleitung sieht aber nicht so aus, daß jemand seinen Willen preisgibt,
  sondern daß einem ein Rat erteilt wird, auf den man hört.
Ich kenne Heidi Prauser seit 1992. Wir haben in vielen
  Punkten übereingestimmt. Der Veränderung bei Heidi bin ich zunächst neutral
  gegenübergestanden. Ich habe nicht gedacht „oh, arme Heidi“, dies habe
  ich erst nach dem letzten Gespräch in der Wohnung meiner damaligen Verlobten
  so gedacht.
Gespräche unter 6 Augen, d.h. zwischen Heidi Prauser,
  Ewald Müller und mir haben zwei stattgefunden. Das letzte war im Spätjahr
  1994. Im Anschluß an dieses Gespräch ist der Brief vom 17.11.1994
  entstanden.
In größeren Gruppen haben wir uns etwa 50 mal
  getroffen.
Der Brief vom 17.11.1994 war der Versuch, Kontakt mit
  Heidi aufrecht zu erhalten. Heidi hat eine Aussprache abgelehnt, weil sie kein
  Interesse daran hatte. Ich wollte aber mit Heidi Kontakt halten, eben auch um
  einen positiven Einfluß auf sie zu haben.
Bei dem Gespräch saß Heidi in fast anbetender Haltung
  da und hörte zu, was Ewald sagte und stimmte dem zu.
Ich habe dies in dem Brief nicht so zum Ausdruck
  gebracht, weil ich ja weiter Kontakt mit Heidi halten wollte, um auf sie
  Einfluß zu nehmen.
Ob nach dieser Begegnung im Herbst 1994 nochmals eine
  Begegnung mit Ewald Müller stattgefunden hat, weiß ich nicht.
Die erwähnte priesterliche Person ist der Seelenführer.
Soweit ich informiert bin, habe ich mich in einem
  Telefonat mit Herrn Dr. Feraudi im Sinne dieses Themas geäußert. Wenn ich
  das gesagt habe damals, dann hat es auch der Wahrheit entsprochen. Ich
  erinnere mich heute aber nicht konkret an ein solches Gespräch und dessen
  Inhalt.
Nach Anhörung des Diktats erklärt der Zeuge:
Auf weitere Frage des Gerichts:
(Ende des Auszugs)
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In
    seiner Zeugenaussage bei der öffentlichen Sitzung des Landgerichts
    Freiburg/Br. am 26.6.1996 machte Michael Hageböck den  Inhalt dieses Briefes
    zum weiteren Inhalt seiner öffentlichen Aussage. Dies impliziert die
    Aufhebung seines Verbots, „daß der Inhalt dieses Schreibens einer
    breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.“
Michael
  K. Hageböck
 29-IX-95
Sehr geehrter Herr Feraudi,
Über Pater Deneke haben Sie mich ersucht, Ihnen jene
  theologischen Irrtümer aufzulisten, welche Heidi Prauser, Ewald Müller bzw.
  Ihre Tochter Catharina mir gegenüber äußerten.
Heidi Prauser, die mir aus meiner Freiburger
  Studentenzeit her bekannt ist, zählte zu den gemeinsamen Freunden von mir und
  meiner Frau. Zweimal führte mich Heidi auch mit Herrn Ewald Müller zusammen
  – einmal in dessen Haus, einmal in Heidis Studentenwohnung: Die Gespräche
  fanden jeweils unter 6 Augen statt. An dieser Stelle möchte ich unbedingt
  betonen, daß ich den Inhalt dieser persönlichen Unterredungen allein deshalb
  weitergebe, weil ich darin die einzige Chance sehe, einige einstmals tief
  fromme und wirklich katholische, junge Menschen zur Kirche zurückzubringen.
  So sehe ich diesen Brief als Freundschaftsdienst an Heidi Prauser; darüber
  hinaus als Pflicht christlicher Nächstenliebe gegenüber allen Betroffenen.
  In diesem Sinne hoffe ich, daß auch Ihnen dieser Brief weiterhilft. Ich
  verbitte mir jedoch ausdrücklich, daß der Inhalt dieses Schreibens – sei
  es auch nur in Auszügen oder sinngemäß – einer breiteren Öffentlichkeit
  zugänglich gemacht wird, z.B. über Flugblätter o.ä.
Während die üblichen Gespräche mit Heidi Prauser
  ihrerseits meist von Pessimismus gegenüber dem Klerus geprägt waren, gab
  sich Herr Müller bei den zwei angezeigten Treffen als eine Art Katechet, der
  in seinem Gesprächspartner einen Schüler sieht, welchem er von einem
  besonderen Wissen mitteilen möchte. Worin dieses Sonderwissen besteht, blieb
  im Großen und Ganzen unklar, da sich Herr Müller oft in einer nebulösen
  Rhetorik verlor, Bibelstellen zitierte, welche scheinbar darauf verweisen, daß
  gerade im NICHTVERSTEHEN und SCHWEIGEN ein Wert liege – so am Beispiel der
  Gottesmutter, als sie ihren Sohn im Tempel wiederfand, oder bei der Verkündigung,
  da sie selbst Josef gegenüber Schweigen bewahrte. Erst Schritt für Schritt
  wollte Herr Müller mich einführen.
Obwohl alles wirr und widersprüchlich klang und mir
  der belehrend-gnostische Ton unsympathisch war, bewogen mich einerseits
  intellektuelle Neugierde (Faszination am Kuriosen) zum Gespräch, andererseits
  war ich mit Heidi befreundet. Allerdings wußte ich auch um ihre Härte und
  Konsequenz: Sie wurde immer stiller, geheimnisvoller und maß Geselligkeit
  keinen großen Stellenwert zu – so ich wollte nicht, daß auch zu uns der
  Kontakt abreißt. Deshalb reagierte ich zurückhaltend auf die entsprechenden
  Thesen, obgleich mir einige Aspekte ihres Denkens völlig absurd und irrig
  erschienen.
Beim zweiten Treffen mit Ewald Müller und Heidi
  Prauser, welches etwa im Spätjahr 1994 stattfand, wurden von meinen beiden
  Gesprächspartnern u.a. folgende Punkte vorgetragen:
- Herr Müller kam u.a. auf Little Pebble zu sprechen,
  einer Gestalt, die eine wichtige Aufgabe gehabt habe; der Auftrag an ihn sein
  jedoch weitergegeben worden. An weitere Einzelheiten kann ich mich nicht
  erinnern, auch ging Herr Müller nicht näher auf das Thema ein.
- Eine Wiedergeburt von einigen Auserwählten,
  heilsgeschichtlich relevanten Gestalten (z.B. Elias, oder Johannes der Täufer)
  sei denkbar.
- Wie viele Gnaden ein Gläubiger in der Messe empfängt,
  hänge nicht nur von seiner eigenen Disposition ab, sondern auch von dem
  Gnadenstand der ebenfalls anwesenden Gläubigen.
- Die Wirksamkeit eines Sakramentes hänge von dem
  Gnadenstand des Spenders ab; da die deutschen Bischöfe jedoch zum Großteil
  Beratungsstellen für Abtreibung in ihren Diözesen unterhalten und deshalb
  mitschuldig seien am Kindermord, seien sie durch ihre Tat exkommuniziert: Alle
  von ihnen gespendeten Sakramente seien daher ungültig. Die apostolische
  Sukzession würde also aufhören.
In Erwiderung auf die zwei letzten Punkte machte ich
  kurz nach dem Gespräch einige Kopien aus der Lehrbuchsammlung von Henrich
  Denzinger und sandte sie Heidi; ferner verwies ich im selben Brief auf einige
  logische Fehler in Herrn Müllers Ausführungen. Zu einer weiteren Aussprache
  kam es zunächst nicht.
In einer Unterredung sprach Heidi einmal davon, daß
  der neue römische Ritus nicht mehr lange Bestand habe, aber auch der alte
  Ritus nicht mehr eingeführt werde – vielmehr gäbe es ein Meßformular,
  welches in einer Privatoffenbarung empfangen worden sei. Ein anderer Punkt,
  den Heidi immer wieder hervorhob, war ihr Gehorsam gegenüber ihrem Seelenführer.
  Bei einem Treffen von Catharina, Heidi, Dorothea und mir im Frühjahr dieses
  Jahres verdeutlichte sie (nachdem ich immer wieder nachhakte), was Gehorsam
  gegenüber ihrem Seelenführer bedeute, nämlich: Absoluter Gehorsam, der
  bereit wäre, sich selbst über objektive moralische Werte hinwegzusetzen. Der
  Maßstab für gutes Handeln sei nicht mehr erkennbar, da wir („gemäß der
  Bibel“) in einer Zeit der Verwirrung leben würden: Werte seien folglich
  wandelbar und bedürften heute der Festlegung durch den Seelenführer. Eine
  solche Sicht der Dinge vertrat auch Catharina.
Alle Angaben habe ich nach bestem Wissen und Gewissen
  aufgeschrieben. Weitere Auskünfte kann ich leider nicht erteilen.
Gez. Michael Hageböck
Verteiler: H. H. Pater A. Hönisch, H. H. Pater B. W.
  Deneke, Herr Feraudi.