Betreff: Beschwerde vom 28.02.2001 ./. DIE TAGESPOST beim Presserat
„Der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats hat
sich auf seiner Sitzung am 19.06.2001 mit der o.g. Beschwerde befasst. Er ist zu
dem Ergebnis gekommen, dass sie begründet ist im Sinne der Beschwerdeordnung
und hat einen Hinweis ausgesprochen. ...
Der Ausschuss war der Ansicht, dass die TAGESPOST mit
der Veröffentlichung des Leserbriefs unter der Überschrift „Große Zahl
extrem fähiger Akademiker“ in der Ausgabe vom 07.12.2000 gegen die Ziffer 2
des Pressekodex verstoßen hat. Dort heißt es in Richtlinie 2.6
Abs. 3 bezüglich Leserbriefen, dass es einer allgemeinen Übung
entspricht, dass der Abdruck mit dem Namen des Verfassers erfolgt. Nur in
Ausnahmefällen kann auf Wunsch des Verfassers eine andere Zeichnung erfolgen.
Bestehen Zweifel an der Identität des Absenders, soll auf den Abdruck
verzichtet werden. Die Veröffentlichung fingierter Leserbriefe ist mit der
Aufgabe der Presse unvereinbar.
Wie die TAGESPOST selbst in ihrer Stellungnahme einräumte,
ist es mittlerweile unbestritten, dass die Absenderin des veröffentlichten
Leserbriefs nicht existiert. Zwar stellte der Ausschuss fest, dass nicht bei
jedem Brief die Identität des Absenders von der Redaktion überprüft werden
muss.
Jedoch wäre im vorliegenden Fall aufgrund des darin
enthaltenen persönlichen Angriffs gegen eine bestimmte Person ... eine
Recherche angebracht gewesen. Da dies nicht geschehen ist, erkannte der
Ausschuss einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht.
Weiterhin sah das Gremium eine Verletzung der Ziffer 3
Pressekodex, in der es heißt, dass veröffentlichte Nachrichten oder
Behauptungen, die sich nachträglich als falsch erweisen, das Publikationsorgan,
das sie gebracht hat, unverzüglich von sich aus in angemessener Weise
richtigzustellen hat. Der Ausschuss kritisierte in diesem Zusammenhang die äußerst
späte Richtigstellung, die erst drei Monate nach Ihrem ersten Hinweis an die
Redaktion erfolgt war.
Aufgrund des Verstoßes gegen die journalistische
Sorgfaltspflicht erteilte der Beschwerdeausschuss der Redaktion der TAGESPOST
gemäß § 10 Beschwerdeordnung einen Hinweis.“